Äußerlich wirkt der Wohnwagen sehr schnuckelig. Der Innenraum wurde wohl von einem Nerd für Nerds gestaltet. Es finden sich ein opulenter Arbeitstisch mit Flachbildschirm und Tastatur, ein paar Schränkchen, eine kleine Kochecke mit Bratpfanne und Kaffeekanne, eine Gitarre und diverse - Zimmerpflänzchen. Die Bauanleitung verrät im Vorsatz, wie der Designer sich das Campen mit seinem Mobil dachte: Geschlafen wird im Zelt, gekocht am Lagerfeuer, gegessen an Klapptisch und Klappstühlen, nur das Entertainment findet dann IM Wohnwagen statt vermittels Computer mit Fernsehfunktion. Wer's mag - die Geschmäcker sind verschieden (wohlgemerkt - Zelt, Klappmöbel und Lagerfeuer sind NICHT im Set enthalten).
Die Teile wieder ordentlich eingetütet und durchnummiert in zwei Bauabschnitte, dies ist sehr übersichtlich und anfängerfreundlich, ebenso die Bauanleitung, die kommt mit sehr gemächlichen Schritten vorwärts mit ganz wenigen Steinen pro Bauschritt (Eine PDF gibt es nicht - Nichthaptiker müssen sich also durchs Papier kämpfen).
Leider hat die Anfängerfreundlichkeit damit ein Ende. Denn ein paar gravierende Kritikpunkte stören das Bild: Schon im ersten Schritt des Baues bastelt man an einem signifikanten Konstruktionsfehler - statt der Deichsel soll eine Anhängerkupplung angebaut werden. Ganz zum Schluß wird die Deichsel dann mit einem zweiten Kugelkopf ausgestattet und soll so die Verbindung zwischen Anhängerkupplung am Camper mit der am Zugwagen darstellen. Das ist natürlich Unsinn hoch zehn. Wer dies entworfen hat, kann nicht von dieser Erde sein. Statt der Anhängerkupplung muß an dieser Stelle natürlich die Deichsel montiert werden, und das gestaltet sich recht knifflig, weil massive Änderungen am Vorbau nötig werden.
Das zweite Ärgernis, offenbar Xbert-typisch: Die Qualität der Steine ist teilweise abgrundtief. Einige scheinen eine Odyssee durch diverse Kinderzimmer hinter sich gebracht zu haben, bevor sie in diesem Set landeten. Trotz des niedrigen Kaufpreises ist die Beimengung von Müll nicht tolerabel. Auch bei anderen Sets von Xbert tauchte dieses Problem auf, bei dem aktuell rezensierten war es allerdings massiv.
Und schließlich die Klemmkraft, auch wie es scheint typisch für Xbert: Größere Plates ordentlich zusammen zu bringen ist Schwerstarbeit, wenn man nicht gerade wie Obelix in den Zaubertrank gefallen ist oder eine Spindelpresse zur Hand hat. Auch sonst trainiert man seine Finger beim Bauen recht ordentlich. Verbauen sollte man sich tunlichst nicht, das Trennen der Elemente ist kein Vergnügen. Was mal fest sitzt, will diesen Zustand auf keinen Fall mehr aufgeben.
Kleinere Probleme fallen da fast nicht mehr ins Gewicht. Das romanische Fenster auf der Deichselseite sitzt viel zu tief, sodaß ringsherum ein unschöner Luftspalt bleibt. Und die Kaffeekanne verläßt ihren Platz, sobald man die Rückseite montiert, die Bogensteine fordern ihren Platz. Ist eben alles am Computer entworfen und niemals in situ getestet worden. So ist auch das Gespann SUV-Camper nur theoretisch ideal (es wird ja auf der Kartonillustration angedeutet). Denn der Zugwagen hat in etwa Maßstab 1:24, der Camper hingegen circa 1:32. Deshalb wirkt er auch gegenüber dem SUV so winzig. Es würde sich für die Entwickler wirklich lohnen, mal die Bildschirme zu verlassen und echte Steine in die Hand zu nehmen...
Fazit: Das Wägelchen ist sehr hübsch anzusehen, der Bau hingegen wenig vergnüglich. Man kommt nicht darum herum, entweder zu murksen oder die teilweise gravierenden Konstruktionsfehler zu beheben. Auch die grausig schlechte Qualität der Steine (besonders die schwarzen Fliesen schienen mit 80er Schleifpapier behandelt und wanderten stante pede in den Müll) kann die Stimmung nicht verbessern. Selbst der günstige Preis tröstet da nicht mehr...